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Industrielle Bildverarbeitung und optische Qualitätskontrolle einfach erklärt

Industrielle Bildverarbeitung einfach erklärt

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Praxisnahes Tutorial zur industriellen Bildverarbeitung!

Mit diesem Tutorial wollen wir Ihnen die industrielle Bildverarbeitung bzw. optische Qualitätskontrolle so praxisnah und einfach, wie es nur möglich ist, näherbringen.

Warum dieses Tutorial zur industriellen Bildverarbeitung?

Weil wir in unserer tagtäglichen Arbeit immer wieder feststellen müssen, dass viele entweder gar nicht Bescheid wissen oder falsche Vorstellungen davon besitzen, was eigentlich industrielle Bildverarbeitung bedeutet oder wie und wo sie zum Vorteil des Kunden genutzt werden kann. Weil es auf dem Buchmarkt und dem Internet viele Fachbücher- und Fachartikel gibt, diese aber einem „Anfänger“ oder noch nicht mit dem Thema Vertrauten nur ein Gähnen oder die Schweißperlen auf die Stirn treibt. Ein Gähnen weil langweilig und für den Leser nicht nachvollziehbar. Schweißperlen weil gewisse mathematische und technische Voraussetzungen erfüllt sein müssen. „Zu hoch für mich kapiere ich nie“. Nicht falsch verstehen und ich will auch niemandem auf die Füße treten. Es gibt hervorragende Bücher und Tutorials zur industriellen Bildverarbeitung. Aber viele haben eines gemeinsam. Sie sind sehr theoretisch verfasst und haben zu vielen Bereichen keinen oder nur wenig Praxisbezug. Dem wollen wir Abhilfe schaffen, indem wir uns auf ein ganz neues Terrain begeben. Ich bzw. wir werden zu Authoren und wollen dabei die vielen Bücher und Dokumente die es dazu gibt nicht ersetzen, sondern ergänzen. Ich will Euch zu Anwendern machen, die wissen welche Hardware, Software und Tools benötigt werden um ein Bildverarbeitungssytem aufzubauen, zu betreuen und Fehler zu beheben. Ich gehe dabei ständig davon aus, dass Euch die Funktionsweise eines Software-Algorithmus, also die Mathematik dahinter, nicht interessiert. Ihr wollt wissen, was die Funktionen können, wo und wann ein Einsatz Sinn macht und wie ich die Logik aufbaue um mein Problem und die Aufgabe zu lösen.

Wie wird das Tutorial aufgebaut sein?

Schrittweise werdet Ihr in Themengebiete der optischen Qualitätskontrolle eingeführt. Praxisnah und hoffentlich für jeden verständlich! Es wird alles so ausführlich wie möglich erklärt, ohne den Praxibezug zu verlieren oder mit unverständlicher Sprache den Leser zu verwirren. Woche für Woche werde ich euer Wissen ausbauen. Der Bediener, Instandhalter, Monteur oder was auch immer, soll Fehler beheben und optimieren können und wir wollen ihn in die Lage versetzen, dass industrielle Bildverarbeitungssystem zu betreuen. Ein Student wird seinen aus der Vorlesung erlernten Stoff, mit Hilfe dieses Tutorials, hoffentlich der Praxis zuordnen können. Alle sollen den gleichen Gefallen an der industriellen Bildverarbeitung finden, wie wir. Und wer weiß, der Eine oder Andere entwickelt vielleicht die gleiche Liebe zu dem Thema, wie wir es täglich tun. Alle Themen und Kapitel wird es, sobald ein Thema abgeschlossen ist, als PDF Download auf unserer Homepage geben. Einmal als einzelne PDF zu jedem Kapitel und einmal als gesamte PDF mit allen bis dahin veröffentlichten Kapiteln. Alles kostenfrei. Ihr dürft es verwenden und vervielfältigen wie Ihr wollt, mit einer Ausnahme, nichts aus dem Tutorial darf in irgendeiner Form zu Geschäftszwecken verwendet werden. Jede Art von Verdienst und geldwertem Vorteil ist untersagt. Jede Weiterverwendung muss unentgeldlich erfolgen. Bei öffentlichen Präsentationen, Vorträgen o.ä. muss die Verwendung von beliebigen Bildmaterial oder Text aus dem Tutorial eine Quellenangabe zu uns enthalten.

Was wird das Tutorial zur industriellen Bildverarbeitung beinhalten?

Die leichtere Frage ist was nicht? Die Themengebiete der Bildverarbeitung sind manigfaltig und werden ständig mehr. Allein das Thema Deep Learning und künstliche Intelligenzen hat in den letzten 2 Jahren ein riesiges Potential eröffnet. KI, KI, KI ist in allen Medien und allen Gebieten ein großes Schlagwort. Ein Hype der uns mit Sicherheit nicht mehr verlassen wird. Auch wir werden die künstliche Intelligenz zu gegebenem Zeitpunkt besprechen, bis dahin müssen aber erst einmal einige Hausaufgaben gemacht werden. Wir wollen ja nicht auf Sand bauen. Im Großen und Ganzen werden die Themengebiete in folgender Reihenfolge abgearbeitet und publiziert. Jedes Hauptkapitel kann dabei mehrer Unterkapitel enthalten.

  1. Definition der industriellen Bildverarbeitung – Was ist denn nun industrielle Bildverarbeitung?
  2. Aufbau eines Bildverarbeitungssystems. Typische Hardwarebestandteile und Ihre Funktion
  3. Von der Planung eines Bildverarbeitungssystems zur praktischen Umsetzung
  4. Bildverarbeitungssoftware und Programmierung. Ohne geht es nicht
  5. Kameratypen, Bilder, Bildaufnahme und Verfahren
  6. Prüfverfahren- und Möglichkeiten (Anwesenheit, Vermessung, Position, Oberfläche, Muster, Farbe und vieles mehr)
  7. Automatische Prüfung
  8. Datenaustausch mit Steuerung und anderen Systemen
  9. Künstliche Intelligenz und Deep Learning Verfahren
  10. Künstliche Intelligenz für alles?
  11. ……….

1. Definition der industriellen Bildverarbeitung - Was ist denn nun industrielle Bildverarbeitung?

Da sind wir nun bei unserem ersten Kapitel und gleich eine so wichtige Frage. Was ist den nun industrielle Bildverarbeitung? Wie lautet die Definition? Bevor wir uns die Sache näher anschauen möchte ich ein paar allgemeine Dinge loswerden. Erstens wird das Tutorial, wie bereits erwähnt, sobald ein Kapitel abgeschlossen ist, als PDF Download auf unserer Homepage verfügbar sein. Zweitens werde ich, bei direkter Ansprache, dass „Du“ verwenden. Ich muss mir weniger Gedanken machen und es fällt mir wesentlich leichter die Sätze zu formulieren. Wem das nicht passt, der kann ja innerlich das „Du“ gegen ein „Sie“ austauschen :-). Und drittens werde ich an manchen Stellen bzw. des öfteren, einen lockeren Schreibstil verwenden. Nichts ist langweiliger als perfekt fomulierte Sätze die einen sofort ins Koma versetzen :-). Ich hoffe ihr kommt  alle damit klar.

So jetzt aber. Was ist denn nun industrielle Bildverarbeitung oder wie lautet die Definition?

Bleiben wir einfach, so soll das Tutorial ja aufgebaut sein. Industrielle Bildverarbeitung oder optische Qualitätskontrolle ist einfach ausgedrückt „der Gewinn relevanter Informationen aus Bildern“. Welche Informationen relevant und welche Informationen nicht relevant sind, bestimmt dabei die Aufgabe (des Kunden) und der Programmierer bei der Umsetzung des Lösung. Zu einfach? Im Prinzip ist es aber so einfach. Es werden schlichtweg die relevanten Informationen im Bild ausgewertet. Sind die Informationen so wie sie benötigt werden, z.B. das Maß des Bauteils ist in Ordnung, die Oberfläche hat keine Kratzer, die Farbe passt, alles ist richtig montiert uvm. dann hat die Bewertung ein IO (Teil in Ordnung) oder im negativen Fall ein NIO (Teil nicht in Ordnung) ergeben. Dieses Ergebnis wird dann, in nahezu allen Fällen, an eine übergeordnete Steuerung (System) ausgegeben und das Bauteil darf seinen weiteren Weg gehen.Passt das Ergebnis NICHT dann kommt es in die Nacharbeit, wird ausgeschleust oder was eben damit passieren soll. Wie das geschieht, dazu erfahren wir in den nachfolgenden Kapiteln mehr. Eine etwas klassischere Formulierung, die dennoch lesbar bleibt, könnte auch folgendermaßen lauten.

Industrielle Bildverarbeitung ist eine fortschrittliche Technologie, die in der automatisierten Produktion eingesetzt wird, um Qualitätskontrollen von Bauteilen (Produkten) durchzuführen und Fehler zu erkennen. Sie basiert auf der Verwendung von Kameras, LED Beleuchtungen und sonstiger Hardware, sowie einer speziellen Bildverarbeitungssoftware, um Bilder von Produkten oder Komponenten zu erfassen, zu analysieren und zu bewerten. Die Grundlagen der industriellen Bildverarbeitung sind relativ einfach zu verstehen. Zunächst wird eine Kamera installiert, die zu definierten Zeitpunkten Bilder von den zu überprüfenden Objekten aufnimmt. Diese Bilder werden dann an einen Computer oder eine spezielle Bildverarbeitungseinheit gesendet. Eine Bildverarbeitungseinheit (PC, IPC etc.), die mit entsprechender Bildverarbeitungssoftware ausgestattet ist. Die Software auf diesem System analysiert die Bilder und sucht nach bestimmten Merkmalen oder Defekten, die auf Fehler oder Qualitätsprobleme hinweisen könnten.

Das wars heute von mir. Wir sind mit dem Einstieg noch lange nicht fertig. Demnächst mehr dazu. Und eines gleich vorweg. Das war viel Text oder salopp formuliert „Gelaber“. In Zukunft unterstützen wir das mit Bildern und Grafiken, nur so bleibt es interessant. Macht euch bereit oder wie der Ringrichter vor dem Kampf sagt „let’s get ready to rumble“.

2. Aufbau eines Bildverarbeitungssystems - Typische Hardwarebestandteile und Ihre Funktion

Wie wir bereits mitbekommen haben, spielt die industrielle Bildverarbeitung eine entscheidende Rolle in der Qualitätskontrolle und der Automatisierung von Produktionsprozessen. Aber was genau gehört zu einem Bildverarbeitungssystem? In diesem Abschnitt zeige ich Euch die typischen Hardwarebestandteile und erkläre deren Funktionen auf einfache und verständliche Weise. Lasst uns zunächst mit einem groben Überblick starten.

Kamera: Das "Auge" des Systems

2D Flächenkamera mit Objektiv
2D Kamera mit Objektiv

Die Kamera ist das Herzstück eines jeden Bildverarbeitungssystems. Sie erfasst Bilder von Produkten in Echtzeit. Dabei gibt es verschiedene Typen von Kameras, wie CCD- oder CMOS-Kameras, die je nach Anwendung ausgewählt werden. Wobei CCD Kameras kaum noch verwendet werden. In den letzten Jahren hat sich die Kameratechnik mit CMOS Chips eindeutig durchgesetzt.

  • Funktion: Die Kamera nimmt Bilder auf und wandelt diese in digitale Daten um, die anschließend analysiert werden können. Sie ist besonders wichtig für die optische Qualitätskontrolle. Klar ohne Kamera kein Bild.
  • Kameratypen: Grundsätzlich unterscheiden wir zwei Arten von Kameratypen. 2D und 3D. Die 2D Kameras gibt es als Grauwert oder Farbkamera. Sie wird in  >85% der Anwendungsfälle genutzt. Eine 3D Kamera wird hautpsächlich dann eingesetzt, wenn die dritte Dimension (Höhe) für die Anwendung entscheidend ist. Ein typischer Anwendungsfall wäre zum Beispiel das Ab- und Aufstapeln von unterschiedlichen Produkten mit einem Roboter. Hier ist es von entscheidender Bedeutung, dass der Roboter neben der X/Y Position auch die Z-Position (Höhe) des Produktes kennt, um das Objekt korrekt greifen zu können.
  • Auflösungen: Je nach Anwendung und Aufgabe benötigt man entsprechende Auflösungen der Kamera, um die geforderte Genauigkeit bei der Aufgabenstellung zu erreichen. Wir werden uns in einem späteren Kapitel etwas näher mit den Auflösungen beschäftigen, aber eines vorab, aktuell bewegen sich die Auflösungen zwischen 1 Megapixel bis hin zu 25 Megapixel und mehr.

Beleuchtung: Der Schlüssel zur Bildqualität

LED Ringlicht D108
LED Ringlicht

Eine gleichmäßige und gut angepasste Beleuchtung ist essentiell, um klare und detailreiche Bilder zu erfassen. Oft werden spezielle Lichtquellen eingesetzt, wie LED oder Laser, um Schatten und Reflexionen zu minimieren. Die am häufigsten verwendete Beleuchtung ist eine LED Beleuchtung, die es vielen verschiedenen Ausführungen gibt.

  • Funktion: Die Beleuchtung sorgt dafür, dass die Kameras die Oberflächen, Kanten etc. der Produkte optimal erkennen und analysieren können. Gute Beleuchtung ist entscheidend für die Genauigkeit der Bildverarbeitung.
  • Lichtquellentypen: Je nach Aufgabenstellung wird in der Anwendung ein passender Beleuchtungstyp eingesetzt, wobei mit Beleuchtungstyp meistens die Bauform der Beleuchtung, der Abstrahlwinkel des Lichtes und die Homogenität gemeint ist. Es ist nämlich ein gewaltiger Unterschied ob man z.B. Oberflächenfehler wie Kratzer detektieren oder das Bauteil vermessen will. Auch dazu säter mehr.

Bildverarbeitungssoftware: Der Kopf des Systems

Bildverarbeitungssoftware im Automatikbetrieb
Bildverarbeitungssoftware

Die Bildverarbeitungssoftware analysiert die erfassten Bilder mithilfe von Algorithmen. Dabei ist sie in der Lage, Anomalien zu erkennen, Maße zu überprüfen und verschiedene Qualitätsparameter zu beurteilen.

  • Funktion: Interpretation der Bilddaten und das Weiterleiten von Entscheidungen basierend auf den Berechnungen und Analysen. Dies kann zum Beispiel eine Fehlermeldung oder eine Bestätigung der Qualitätsstandards sein. Die Bildverarbeitungssoftware beurteilt also, ob das Bauteil IO (in Ordnung) oder NIO (nicht in Ordnung) ist. Die Kriterien dafür bestimmt die Aufgabe. Bei einer Vermessung werden z.B. die Maße kontrolliert, wohingegen bei einer Oberflächenkontolle Anomalien wie Kratzer, Lunker etc. das entscheidende Kriterium bilden.

Rechner: Die Rechenzentrale

Industrie PC mit Grafikkarte für künstliche Intelligenzen
Industrie PC

Der Rechner, oft ein industrieller PC, ist für die Verarbeitung und Speicherung der Bilddaten verantwortlich. Er führt die Software aus und verarbeitet die Informationen, die von der Kamera erfasst werden.

  • Funktion: Der eingesetzte IPC bewältigt die Rechenleistung, die erforderlich ist, um Bilder schnell und effizient zu analysieren. Er führt also die Bildverarbeitungssoftware aus, die zum Einen die Bilder aus der Kamera einzieht und bewertet und zum Anderen auch diese Daten speichert und weitergibt. Je nach Aufgabentyp und Taktzeit muss der PC entsprechend ausgestattet sein. Dies ist besonders wichtig in Produktionslinien, wo Zeitdruck herrscht. Zudem kommuniziert der Rechner in automatischen Produktionsanlagen mit der Steuerung (SPS) über gewisse Schnittstellen und übermittelt die relevanten Daten, damit die Bauteile weitertakten können (bei in Ordnung) oder ausgeschleust werden (bei nicht in Ordnung).

Fazit: Ein Zusammenspiel für die Qualitätssicherung

Bildverarbeitungsanlage mit Kamera und Beleuchtung
BV Anlage mit Kamera und Beleuchtung

Ein Bildverarbeitungssystem besteht aus mehreren Hardwarekomponenten, die gemeinsam für die Qualitätssicherung des kontrollierten Objektes sorgen. Vom „Auge“, in Form der Kamera, über die entscheidende Beleuchtung, bis hin zur intelligenten Software und dem leistungsstarken Rechner – alle Teile spielen eine wichtige Rolle. Wenn Ihr wisst, wie diese Komponenten zusammenarbeiten, könnt Ihr die Effizienz und Qualität Eurer Produktionsprozesse erheblich steigern. Einen typisches Beispiel, wie so etwas in einer Produktionsanlage aussieht, seht ihr im obigen Bild. Kameras die auf das darunter liegende Bauteil schauen und von einer entsprechenden LED Beleuchtung ausgeleuchtet werden.

Das wars heute von mir. Bis demnächst. Und nicht vergessen „Vison Leads – Quality Follows“.