Optimierte Oberflächenkontrolle: Die Kombination von Shape from Shading und künstlicher Intelligenz
Die industrielle Qualitätssicherung steht häufig vor der Herausforderung, feinste Oberflächenfehler zu erkennen und von harmlosen Rückständen zu unterscheiden. Besonders in der Metallverarbeitung kann die Unterscheidung zwischen echten Defekten und prozessbedingten Spuren wie Flecken oder Bearbeitungsspuren der vorangegangenen Bearbeitung eine anspruchsvolle Aufgabe sein.
Künstliche Intelligenz (KI) wird zunehmend zur Detektion von Fehlern und Anomalieerkennung in der industriellen Bildverarbeitung eingesetzt. Doch oft stößt sie an ihre Grenzen, insbesondere wenn visuelle Unterschiede zu gering oder nicht eindeutig sind. In einem unserer Projekte konnten wir zeigen, dass eine Kombination aus KI und optimalen physikalischen Gegebenheiten eine deutlich präzisere Oberflächenkontrolle ermöglicht.
Hier kommt das Shape from Shading (SFS) Verfahren ins Spiel.
Die Herausforderung: Verwechslung von Flecken und echten Defekten
In unserem Anwendungsfall sollten metallische Bauteile auf Fehler wie Lunker, Poren oder Kratzer geprüft werden. Allerdings führten vorangegangene Reinigungs- und Bearbeitungsverfahren dazu, dass auf den Bauteilen Rückstände in Form von Flecken oder Bearbeitungsspuren vorhanden waren. Diese sahen in einer konventionellen Bildaufnahme nahezu identisch zu echten Defekten aus. Eine rein KI-basierte Fehlerdetektion bzw. Anomalieerkennung hätte diese harmlosen Spuren fälschlicherweise als Fehler identifiziert oder echte Defekte nicht erkannt.
Die Lösung: Shape from Shading als Schlüsseltechnologie zur KI
SFS ist eine Technik, die basierend auf Licht- und Schatteninformationen die dreidimensionale Form von Oberflächen rekonstruiert. Dies ermöglicht es uns, Fehler wie Lunker, Poren oder Kratzer klar und deutlich sichtbar zu machen.
Das Shape from Shading Verfahren erlaubt eine bildgebende Analyse, die nicht nur das reflektierte Licht einer Oberfläche betrachtet, sondern auch die feinen Krümmungsunterschiede sichtbar macht. Dadurch konnten wir das Problem der Fleckenrückstände und Bearbeitungsspuren lösen: Während die konventionelle Bildaufnahme kaum Unterschiede zeigte, verschwanden diese Störungen im Krümmungsbild des SFS fast vollständig. Echte Defekte hingegen, wie Lunker, Poren oder Kratzer, blieben deutlich sichtbar. Für das Shape from Shading (SFS) Verfahren werden hierzu 4 Bilder, die aus unterschiedlichen Beleuchtungsrichtungen aufgenommen wurden, nach einem speziellen Algorithmus zu einem neuen Bild verrechnet.
Die vier Beleuchtungsrichtungen des SFS
Das Krümmungsbild nach Verarbeitung aller 4 Einzelbilder
Die Rolle der künstlichen Intelligenz
Sobald die Aufnahmen durch das SFS-Verfahren erstellt sind, tritt unsere KI ins Spiel. Diese nachgeschaltete künstliche Intelligenz kann nun die wirklichen Fehler eindeutig erfassen und von den harmlosen Fleckenrückständen unterscheiden. Ein optimiertes Bild, das nur die relevanten Fehler enthielt. Dadurch konnte die KI wesentlich präzisere Entscheidungen treffen und die tatsächlichen Defekte eindeutig erkennen. Dies zeigt, dass KI allein nicht immer die beste Lösung ist, sondern erst in Kombination mit den richtigen bildgebenden Verfahren ihre volle Leistungsfähigkeit entfaltet.
Hochauflösende Kameratechnik und Patch-Verarbeitung
Unsere Methode stieß jedoch auf eine zusätzliche Herausforderung, als wir sie auf diese sehr großen Bauteile anwenden wollten. Da es sich um ein sehr großes Bauteil handelte, war es nicht möglich, den erfassten Bildausschnitt, der ungefähr 250×250 mm betrug, komplett mit einer KI Fehlerdetektion oder Anomalieerkennung über den gesamten Bildausschnitt zu kontrollieren. Dies lag daran, dass der Bildausschnitt im Verhältnis zu den zu detektierenden Fehlern (die teilweise kleiner als 1 mm waren) zu groß war und die Erkennungsgenauigkeit dadurch zu grob geworden wäre.
Durch den Einsatz hochauflösender Kameratechnik und die Aufteilung des erfassten Bildausschnitts in mehrere kleinere Patches (Bildbereiche) konnte das Verhältnis zwischen Überprüfungsbereich und Fehlergröße ins richtige Verhältnis gesetzt werden.
Jeder Patch wurde einzeln analysiert, sodass auch sehr kleine Fehler von der KI erkannt werden konnten.
Dies ermöglichte der KI nun, auch sehr kleine Fehler zuverlässig zu detektieren. Dieser Ansatz stellte sicher, dass sowohl großflächige als auch mikroskopisch kleine Defekte präzise erfasst wurden und somit die Qualitätssicherung auf einem optimalen Niveau erfolgte.
Fazit
Die Kombination aus Shape from Shading und Künstlicher Intelligenz hat sich in der Oberflächenkontrolle als leistungsfähige Lösung erwiesen. Durch den Einsatz von SFS konnten störende Flecken und Bearbeitungsspuren effektiv eliminiert werden, sodass die KI eine präzisere und zuverlässigere Fehlererkennung durchführen konnte.
Zusätzlich ermöglichte die Verwendung hochauflösender Kameratechnik in Kombination mit der Patch-basierten Analyse eine deutliche Verbesserung der Detektionsgenauigkeit. Dadurch konnten auch kleinste Defekte zuverlässig erkannt werden, ohne dass die Erkennungsleistung durch zu große Bildausschnitte beeinträchtigt wurde.
Unsere Erfahrung aus diesem Projekt verdeutlicht: Künstliche Intelligenz ist ein mächtiges Werkzeug – aber erst in Verbindung mit den richtigen Vorverarbeitungsmethoden und Bildverarbeitungstechniken entfaltet sie ihr volles Potenzial.
Schaut euch auch das passende Video dazu an:
Und nicht vergessen: „Vision Leads – Quality Follows“.
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